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KAPITEL 1

Der Alptraum beginnt

Ich wünschte, ich wüsste wen sie meinen. Den, der sie denken, der ich bin. Würde die Orte kennen, an denen ich gewesen sein soll, oder dass ich die Menschen kenne, die ich aufgesucht haben soll. Wenn ich doch nur all die Namen, die Daten, die Orte und die Gesichter kennen würde!

Wie kann es sein, dass diese Leute meinen Namen kennen, meine Adresse, meine Familie und sogar meinen Geburtsort! …

Und ich weiß nicht einmal, wovon sie sprechen…. Sie wollten, dass ich schnell spreche, schnell denke, schnell antworte – alle zehn oder zwölf von ihnen. Oder waren da mehr? Weniger? Sie waren überall im Haus verteilt, ihre Stimmen wie zersplittertes Glas, bohrten sich in meinen hämmernden Kopf. … Die Geräusche von Türen, Möbel und anderen Gegenständen schneiden sich durch meinen Verstand. Meine Knie drohten nachzugeben – hier, direkt vor meiner Familie… sie drohten einfach unter mir einzuknicken. Aber das wollte ich nicht zulassen. Nicht in Gegenwart meiner Familie. Alle, außer dem Baby saßen in der Stube, ängstlich in eine Ecke gekauert und sahen zu. Ich darf nicht zusammenbrechen! Ich muss mich dazu zwingen, dass ich mich nicht auf dem Stuhl, auf dem ich sitze, entleere. Ich konnte nicht zulassen, dass das Adrenalin, das durch meine Adern schießt, meine Eingeweide zerreißt und dass mein Urin an meinen zitternden Beinen herunterläuft. Ich musste ein Mann sein und standhaft bleiben. Also drückte ich meine Fersen in den Boden, zog mich hoch und riss mich zusammen- an diesem Morgen in meinem Haus in Amsterdam-Zuidoost.

Ich blicke jetzt auf diesen Tag zurück, auf den Moment, als mich ein vehementes Hämmern an meiner Wohnungstür aus dem Bett riss… Ich erinnere mich an die Stunde, in der die Tür aufflog und dunkle Gestalten ins Haus stürmten und mich hinter dem Türeingang brutal an die Wand pressten… Ich schaue zurück und frage mich: Was hätte ich getan, wenn ich damals gewusst hätte, was ich jetzt weiß? Wäre ich weggerannt? Wäre ich aus dem Fenster geklettert, um aus der dreistöckigen Wohnung zu springen? Oder wäre ich ruhig geblieben und hätte Mut gefasst – weil mir bewusst gewesen wäre, dass dieser Morgen im Dezember der Anfang eines besonderen Ereignisses gewesen war, von dem ich jetzt erzählen werde.